09.03.2017 – Urteil gegen Finanzvermittler wegen Neckermann Neue Energien AG, Sunrise Energy GmbH und Hanseatisches Fußball Kontor

Mit Urteil vom 7. März 2017 hat das Landgericht Lübeck eine Finanzvermittlerin aus Schleswig-Holstein wegen fehlerhafter Anlageberatung zu den Anlagen Neckermann Neue Energien AG, Sunrise Energy GmbH und Hanseatisches Fußball Kontor verurteilt. Bei diesen Anlagen handelt es sich um sog. qualifizierte Nachrangdarlehen, die die Anleger den Unternehmen gewährten. Die Neckermann Neue Energien AG und die Sunrise Energy GmbH wollten das Geld in Erneuerbare Energien-Projekte investieren, das Hanseatische Fußball Kontor in Fußball(transfer)rechte. Die Nachrangdarlehen sollten nach einer vertraglich festgelegten Laufzeit zurückgezahlt werden. Alle drei Anlagen lockten mit ungewöhnlich hohen Zinsen von über 7 % p.a. Nach kurzer Zeit blieben die Zinszahlungen aus. Bis heute ist auch das Kapital nicht zurückgezahlt. Trotz mehrfacher Nachfragen bei den Gesellschaften erfolgte keine Erklärung über den Verbleib des Kapitals.

Nach einer umfangreichen Zeugenvernehmung war das Landgericht Lübeck überzeugt, dass die Anlageberaterin die ahnungslosen Anleger nicht ausreichend über die Risiken der drei Anlagen aufgeklärt hatte. Erforderlich sei eine sachgerechte Darstellung der tatsächlichen, wirtschaftlichen Rahmenbedingungen der Anlagen. Allein die Angabe des Geschäftsgegenstandes (Erzeugung von Solarenergie, Investition in Fußballrechte) sowie einiger Umstände, die die Investition vermeintlich „sicher“ erscheinen ließen, reichten nicht aus. Es hätte auch ein Hinweis erfolgen müssen, dass es sich um ein bis dato am Markt unbekanntes Startup-Unternehmen ohne prüffähige Referenzen und ohne prüffähigen Prospekt handelte. Mit anderen Worten: Den Anlegern hätte deutlicher gemacht werden müssen, dass es sich um hoch riskante Anlageformen handelte. Allein der Hinweis auf das Totalverlustrisiko reicht nicht aus.

Der auf Kapitalanlagerecht spezialisierte Rechtsanwalt Dr. Ernst J. Hoffmann, der die Klägerin vertrat, begrüßt das Urteil. Es trägt der besonderen Schutzbedürftigkeit ahnungsloser Anleger Rechnung. Finanzberater müssen vollständig, richtig und verständlich auf alle wesentliche Eigenschaften der Anlage hinweisen, die für die Entscheidung des Anlegers wesentlich sind. Dazu gehört eine ungeschönte Darstellung aller Risiken. Dr. Hoffmann weiß aus langjähriger Erfahrung, dass die Risiken häufig nur unzureichend dargestellt werden. Bedauerlicherweise tun viele Richter so, als sei ihnen das nicht bekannt, obwohl sie derartige Klagen tagtäglich auf dem Tisch haben. Sie müssten aus eigener Anschauung wissen, dass manche Banken und Finanzvermittler systematisch die Risiken der Anlagen verschweigen oder schönreden.

Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Die Beklagte hat Berufung eingelegt.